DSOL Woche 3: zwei Siege und der Fluch des ersten Bretts

Mit einem glatten 4 – 0 über Erbendorf unterstreicht die zweite Mannschaft Ihre Playoff – Ambitionen. Auch die Dritte liegt nach einem weiteren Sieg gut im Rennen, während Fulda I die erste Niederlage quittieren musste.

von Martin Küpper

SC ML Kastellaun I vs. SC Fulda I: 3-1  

„Bitte nicht schon wieder ein Unentschieden“ war der Auftrag an den stellvertretenden Mannschaftsführer Martin Weise. Dass er das so wörtlich nahm, damit hatte keiner gerechnet. Doch der Reihe nach: als erster beendete Martin Kersting seine Partie, der sich an Brett 3 mit Schwarz in seiner königsindischen Verteidigung nicht wohl fühlte. In einem Moment, wo er sich zwischen verschiedenen Plänen entscheiden musste, kam das Remisangebot des Gegners taktisch genau im richtigen Moment. 

Einige Zeit später war es Marius Fritz, der an Brett 2 ebenfalls mit Schwarz in eine Zugwiederholung einwilligen musste. In einer Tarrasch – Verteidigung hatte er einen Bauern für aktives Spiel gegeben. In der nachträglichen Analyse gab es zwar den ein oder anderen Verbesserungsvorschlag, aber am Brett gelang es nicht, mehr als ein dynamisches Gleichgewicht zu erreichen. Trotzdem: eine gut geführte Partie mit komplexen Stellungen gegen einen starken Gegner (DWZ 2112) – da ist Remis ein gutes Ergebnis.

Am vierten Brett gab Konstantin Wolgin seinen Einstand und musste gleich gegen die mehrfache Afrika Juniorenmeisterin und WIM Anika du Plessis ran. Was sie nach Kastellaun verschlagen hat, wissen wir nicht. Ich finde es aber großartig, wie Schach uns trotz Pandemie über Kontinente hinweg zusammenbringen kann. Konstantin spielte mit Weiß die Eröffnung stark und kenntnisreich, übersah aber dann einen taktischen Trick. Seine Gegnerin gewann einen Bauern und zusätzlich blieb er mit schlecht koordinierten Figuren zurück. Doch die Stellung blieb taktisch kompliziert und als Schwarz mit 21.-f5 ihre Königsstellung schwächte, um das Läuferpaar zur Geltung zu bringen, war Konstantin wieder im Rennen. Spätestens nach dem gierigen 23.- Lxe4 zeigt der Computer sogar großen Vorteil für Weiß an. Am Brett mit schwindender Bedenkzeit ist das aber natürlich nicht so einfach und am Ende war es dann auch die Zeitnot, die es unmöglich machte, alle taktischen Möglichkeiten zu berechnen. Eine spannende Partie, leider mit einem unglücklichen Ende.

Währenddessen hatte sich Martin Weise am ersten Brett aufgrund seines Raumvorteils einen soliden Vorteil erspielt. Die erste Chance diesen auszubauen ergab sich, als sein Gegner den Sd5 nach b6 zurückzog. Wenn der Computer es anzeigt, ist es nicht überraschend, dass es einen taktischen Schlag gab, als Schwarz die einzige Figur zurückzog die gut auf einem guten Feld steht. Am Brett die Abwicklung 23. Txd8 Txd8 24. Lxb7 Dxb7 25. Sc6 zu sehen, wonach man den Sf6 gewinnt und einen soliden Mehrbauern hat, ist sicher nicht selbstverständlich. Martin blieb im positionellen Modus und behielt auch so einen leichten Vorteil, bis sein Gegner ihn mit 27.-Sc3 zu taktischen Verwicklungen zwang. 28. Txc3 war dann auch die richtige Antwort und nach 28. Txc3 (besser war Dxe5) 29. Sc6! Hat sich der schwarze Turm plötzlich verirrt und der Springer auf f6 hängt. Leider ist es aber nach 29. -Tc5 (bxc6 oder Tb3 halten den weißen Vorteil in Grenzen) nicht der Springer, um den es geht, sondern Weiß kann mit 30. b6! wie aus dem Nichts die Dame gewinnen. Leider entging dieser Schlag Martins Aufmerksamkeit und nach zwei weiteren Zügen stellte er sogar den Läufer ein. Dieses Jahr scheint das erste Brett verflucht zu sein, war das doch schon die dritte Gewinnstellung, die nach gutem Spiel unglücklich verloren ging.

SC Fulda II vs. SC Erbendorf I:  4-0

Am ersten Brett wurde Uwe Hasselbacher mit der Jobava Variante des Londoner Systems konfrontiert. Sein Gegner wählte aber nicht den kritischen Aufbau mit f3 und g4 gegen Uwes Aufbau mit Lf5. Dadurch konnte Schwarz nicht nur schnell ausgleichen, sondern auch noch Druck gegen die gegnerischen Bauernschwächen aufbauen. Aufgrund des reduzierten Materials dauerte es zwar bis zum 44. Zug, doch eigentlich stand das Ergebnis nie in Frage. Zweiter Sieg im zweiten Einsatz für Uwe.

Andreas Hartmann spielte erneut am zweiten Brett. In einem abgelehnten Damengambit / Damenindisch Hybrid stellte Schwarz forsch den Springer nach e4. Doch nach einem Tritt mit dem f – Bauern stellte sich die schwarze Phalanx auf d5, e6 und f5 als anfällig heraus und spätestens nach 15. – dxc4 hatte Weiß klaren Vorteil. Wenige Züge später hatte Andreas die Bauern auf e6 und f5 gewonnen. Als schließlich die weißen Bauern auf d5 und e6 standen hatte sein Gegner genug. 1-0 in 34 Zügen.

Eine sehr ungewöhnliche Version des Königsgambits gab es bei Paul Kopco am dritten Brett. Erst im 15. Zug verschwand der erste Bauer vom Brett. Leider war es ein weißer Bauer und Paul bekam auch wenig Kompensation dafür. Immerhin blieb die Stellung kompliziert und Paul gelang es immer neue Probleme zu stellen. Im 32. Zug verlor sein Gegner dadurch kurz die Konzentration und musste eine Qualität geben, um wenigstens seinen Läufer zu retten. Das entstandene Endspiel war trotzdem glatt gewonnen und Paul ließ auch nichts mehr anbrennen. Ein etwas glücklicher Sieg, aber aufgrund der Hartnäckigkeit nicht unverdient.

Noch glücklicher war Soroush Wadiei am vierten Brett. Von der extrem ruhigen Eröffnungsbehandlung seines Gegners eingelullt übersah er eine Mattdrohung, bei der gleichzeitig sein Läufer angegriffen wurde. Und obwohl sich die Kiebitze mit Ideen überboten, wie er die leicht geschwächte Königsstellung seines Gegners ausnützen könnte, war es doch eine glatte Minusfigur. Erst als Weiß den Vorteil zu sehr verwaltete und alle Figuren auf dem Damenflügel parkte bekam Soroush wieder echte Gegenchancen. Dann ging es jedoch ganz schnell: sehr elegant, wie er die größere Mobilität seiner Figuren nutze, um sie zum Königsflügel zu überführen und entscheidende Drohungen aufzustellen. Matt im 31. Zug!

SC Fulda III vs. USG Chemnitz IV: 3 – 1

Nach den beiden Seeschlangen in den vorhergehenden Runden, schien Felix Faßler diesmal auf eine kurze Sitzung aus zu sein. Nach sieben Zügen hatte er bereits einen gesunden Mehrbauern, nach 9 Zügen auch noch die klar bessere Struktur. Der einzige Trumpf von Weiß war die halboffene c- Linie, die in Verbindung mit den weißen Feldern Chancen auf dem Damenflügel eröffnete. Aber natürlich nur, wenn Schwarz lang rochiert. Ein Gefallen, den Felix ihm aber auch gerne tat. Weiß spuckte noch fröhlich einen Bauern und eine Qualität und plötzlich musste sich der schwarze König ganz allein verteidigen. Mit 22.- Ka7 wäre das auch gelungen, 22.- g5 war aber definitiv zu viel des Guten. Matt geht immer noch vor Material und ein einsamer König steht gegen Dame, Turm und Springer auf verlorenem Posten, egal wieviel Bauern Schwarz mehr hat. All das kann sich aber schnell als graue Theorie herausstellen, wenn der Verteidiger kreativ ist und den Weg zum Sieg so schmal wie möglich macht. Und genau das tat Felix und als sein Gegner im 28. Zug kurz zögerte, war er wieder voll im Rennen. Nur zwei Züge später war er es sogar, der Matt setzte. Bumm! Am Ende ein verdienter Sieg, aber beim nächsten Mal bitte wieder den langsamen Weg zum Ziel nehmen. Und sei es nur, um die Nerven der Zuschauer zu schonen.

Am zweiten Brett gab Erasto Greif seinen Einstand mit einer sauberen positionellen Leistung. In einer etwas ungewöhnlichen katalanischen Struktur mit g6 und Se7 überließ Schwarz ihm das Zentrum, ohne dafür dynamische Gegenchancen zu erhalten. Mit diesen Freiheiten schnürte Erasto ihn sauber ein und als Schwarz mit 17.- b5 den Ausbruch wagte, war das eigentlich schon der Verlustzug. Mit ein paar präzisen Zügen sicherte Erasto sich entscheidenden Materialvorteil, den er sicher zum Sieg führte. Stark gespielt!

Auch Finn Meyer am dritten Brett konnte die weißen Steine dazu nutzen, Raumvorteil und das aktivere Figurenspiel zu erhalten. Schwarz versuchte mit taktischen Tricks dagegen zu halten, verrechnete sich aber, als er im 16. Zug einen Bauern auf c5 fraß. Sehr aufmerksam, wie Finn die Fesselung brach, auf der das schwarze Manöver beruhte und sich auch nicht von etwaigen Läuferabzügen irritieren ließ. Nach kleinen taktischen Scharmützeln verblieb er mit einer Mehrfigur und Initiative, die er mit einem Matt im 30. Zug krönte. Eine schöne Leistung, in der die größere taktische Aufmerksamkeit belohnt wurde.

Das gleiche hätte man von Lionel Lopez Busic am vierten Brett sagen können, wenn er 12.- Sd4 gefunden hätte. In einem Vierspringerspiel hätte er damit nämlich Material gewinnen können, statt den Springer auf c6 einzustellen. So blieb ihm aber nichts als die direkte Aufgabe. Kopf hoch, so trivial wie es in der Computeranalyse aussieht war das wirklich nicht.